Der nächste Schritt: Smartes Land

Nachdem die letzten Jahre davon geprägt waren, die Großstädte mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie „smart“ werden zu lassen, kam mit dem CDU/CSU/SPD Koalitionsvertrag auf Bundesebene der Themenbereich „Digitalisierung der ländlichen Regionen“ auf die politische Agenda.

Die nachfolgenden 10 Thesen erläutern Gründe, den Sachstand und die Aufgaben, die sich bei der Erarbeitung einer Digitalen Agenda stellen.

These 1: Es gibt einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Großstädten und digitalen ländlichen Regionen: Großstädte ziehen immer mehr Bewohner an (u.a. durch Migration und Landflucht), weshalb die Probleme in den Großstädten immer mehr zunehmen. Fehlende Wohnungen, dichterer Verkehr, zunehmende Umwelt- und Luftbelastungen oder gravierende soziale Spannungen sind die Folge. Die Großstädte sind damit überfordert. Diese Überbelastung kann nur gestoppt werden, wenn vor allem die Landflucht beendet wird. Deshalb ist es erforderlich, das Leben in den ländlichen Regionen wieder attraktiver zu machen. Digitalisierung leistet einen wesentlichen Beitrag dazu.

These 2: Obwohl Führungskräfte in den Kommunen Digitalisierung als zweitwichtigste Aufgabe begreifen, ist der ländliche Raum konzeptionell schlecht vorbereitet und hat erheblichen Nachholbedarf. Das größte Hemmnis für eine Digitale Agenda wird in den Landkreisen zu 34 % in einem fehlenden bzw. unzureichenden Breitbandausbau gesehen. Nur 6 % der Landkreise verfügen bereits über eine entsprechende Digitalisierungsstrategie.

These 3: Digitalisierung braucht vereinbarte Ziele. Sie sollten an die unterschiedliche Ausgangssituation der ländlichen Regionen angepasst sein. Eine einfache Übertragung von Smart City Ansätzen wird scheitern. Während beispielsweise der städtische Raum ein riesiges Parkplatzproblem hat, existieren freie Parkplätze im ländlichen Raum zur Genüge. Dagegen ist der ÖPNV in der Fläche ein großes Hemmnis für eine umweltschonende Mobilität.

These 4: Eine Digitale Agenda ist ein politisch-strategisches Innovationsprogramm. Sie umfasst alle gesellschaftlichen Lebensbereiche, die sich im kommunalen und regionalen Handeln abbilden. Wesentliche Bausteine werden im Schaubild 1 aufgeführt. Dabei wird die digitale Agenda aus zwei Teilen bestehen müssen. Da ist erstens die “Stadt-Digitalisierung”. Sie umfasst alle Projekte und Maßnahmen, die die Digitalisierung der Stadt und der Region vorantreiben. Zweitens gehört zur digitalen Agenda die “Verwaltungs-Digitalisierung”.

These 5: Die Digitale Agenda ist eine mehrjährige Aufgabe, bei der angesichts der schnellen technologischen Entwicklung die Annahmen und Erkenntnisse fortwährend auf dem Prüfstand stehen und angepasst werden müssen.

These 6: Glasfaser ist die soziale Infrastruktur des 21. Jahrhunderts. Wenn die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse erreicht werden soll, benötigt auch der ländliche Raum eine exzellente digitale Infrastruktur. Um die Standortnachteile kompensieren zu können, muss sie mindestens so gut sein wie in den Großstädten.
These 7: Da die Digitalisierung als Gestaltungs- und Strukturprinzip immer mehr Bereiche unseres Lebens umfasst, muss sichergestellt sein, dass alle Bürger die Chance haben, politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich daran teilzuhaben. Kommunen sollten deshalb den Aufbau einer Digitalen Assistenzinfrastruktur – neue digitale Nachbarschaftshilfe – als neue Aufgabe der Daseinsvorsorge begreifen. Ansonsten droht für Millionen von Menschen das Schicksal, von der Digitalisierung abgehängt zu werden.
These 8: Stadt-Digitalisierung und Verwaltungs-Digitalisierung sind zwei Seiten einer Medaille. Die nach außen wirkenden Projekte der Stadt-Digitalisierung müssen durch die Kommunalverwaltung umgesetzt werden. Deswegen bedarf es ebenso eines digitalen Transformationsprozesses innerhalb der Stadtverwaltung. Im Mittelpunkt steht zunächst das magische Dreieck aus HR/Organisation, Prozesse und Technologie. Darüber hinaus werden die Transformationsmaßnahmen der Stadt-Digitalisierung aber auch die Elemente Recht, Finanzen, Kultur/Werte und Wettbewerb umfassen.

These 9: Grundsätzlich gibt es drei Erarbeitungsansätze. Stadt-Unternehmen, Stadt-Elite und Stadt-Stadtgesellschaft. Um eine breitestmögliche Akzeptanz der Digitalen Agenda zu erreichen, sollten Städte die Digitalisierungsstrategie zusammen mit der Stadtgesellschaft erarbeiten. Eine besondere Rolle sollten dabei die Bedürfnisse und Erwartungen der jungen Generation spielen. Die Digitale Agenda gestaltet ihre Lebens- und Erfahrungswelt und damit ihre Chancen nachhaltig für die nächsten Jahrzehnte. Der Prozess muss verstetigt werden und transparent sein.

These 10: Für alle Ebenen gilt: Digitale Kompetenzen und Ressourcen müssen gestärkt werden. Eine Reihe von Städten haben mit der Berufung eines „Chief Digital Officer“ gute Erfahrungen gemacht. Es bedarf aber auch digitalen Sachverstands in den Fachabteilungen. Hier könnte die Einrichtung von Digitalen Lotsen helfen, die nötige Digitalisierungsagenda voranzutreiben.

Die Digitalisierung der ländlichen Regionen sollte eng mit der Entwicklung der Metropolregionen und der Städte mittlerer Größenordnung verzahnt werden. Hier ist koordinierende Aufgabe der Landesverwaltungen gegeben.

 

Der Beitrag von Willi Kaczorowski und Gerald Swarat erscheint auch im Oktober in der PDVNEWS.

Workations – Kreativurlaub auf dem Lande?

Dieser Beitrag erschien auch auf dem Blog wegweiser-kommune.de der Bertelsmann-Stiftung.

 

Sind workations ein Weg, den ländlichen Raum auch für Digital Natives wieder attraktiv zu machen? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst einmal klären, was „Workations“ sind. Das Kunstwort setzt sich aus „work“ und „vacation“ zusammen. Also Arbeit und Urlaub.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Internetwirtschaft ständig mit neuen Begriffen daherkommt. Freiberufler, die im digitalen Bereich unterwegs sind, werden jetzt Solopreneure genannt. Sie arbeiten im Homeoffice, im Smart Work Center oder im Co-Working Space. Hier steht Ihnen das Equipment und die Infrastruktur wie schnelles Internet, Drucker, Hochleistungsscanner und manchmal auch teure Videokonferenzgeräte zur Verfügung. Außerdem finden Sie in diesen Coworking Center häufig Gleichgesinnte, die an ähnlichen Projekten oder in ganz anderen Bereichen arbeiten und sich so oder dennoch gegenseitig unterstützen und inspirieren können.

Der andere Begriff, der im Zusammenhang mit Workations eine Rolle spielt, ist der der Digitalen Nomaden. Wikipedia definiert digitale Nomaden als „Unternehmer oder auch Arbeitnehmer, der fast ausschließlich digitale Technologien anwendet, um seine Arbeit zu verrichten und zugleich ein eher ortsunabhängiges beziehungsweise multilokales Leben führt.“

Viele dieser digitalen Nomaden arbeiten im weiten Bereich der Internet-Ökonomie. Sie betreiben Websites oder Blogs, verkaufen digitale Produkte wie E-Books oder Online-Videos. Sie sind als Autoren, Übersetzer oder auch als Webdesigner und Softwareentwickler tätig. Eine weitere Tätigkeit, die sich immer mehr ausbreitet, ist die des virtuellen Assistenten.

Bei der Auflistung wird deutlich, dass die Arbeit oftmals orts- und zeitunabhängig erledigt werden kann. Für ihre Berufsausübung benötigen sie Smartphone, Laptop und intelligente Infrastruktur wie Cloud-Dienste o.ä..

Bisher suchen diese digitale Nomaden für das ortsunabhängige Arbeiten, wenn es denn Wochen oder Monate dauern soll, häufig Umgebungen, die Sonne und Strand bieten. Deswegen stehen Thailand, Bali oder auch hippe Städte wie Barcelona bei Ihnen hoch im Kurs.

Und inzwischen werden sogar Kreuzfahrten angeboten, die als Workations organisiert sind und wo die digitalen Solopreneure mit anderen Netzwerke aufbauen, an Kreativworkshops teilnehmen oder einfach auch nur abhängen und feiern können.

Kann der ländliche Raum seine Vorteile nutzen, das Konzept der workations zu realisieren?

Ein wesentlicher Vorteil des ländlichen Raums ist oft die unverbaute Natur, die klare Luft, viel Grün, weniger Stress – ideale Bedingungen für kreatives und entspanntes Arbeiten. Deswegen entfliehen am Wochenende manche digitale Nomaden dem Stress der Großstadt und suchen Entspannung in der ländlichen Umgebung.

Zur Umsetzung des workation-Konzepts könnten bisher verstaubte klassische Seminarhotels in Kreativstätten für digitale Nomaden umgewandelt werden. Das könnte auch für Firmenseminare interessant sein, die die Kreativität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigern, Teambildung betreiben und neue Lösungen erarbeiten wollen.

Aber auch hier gilt: Ohne schnelles Internet geht das nicht. Schnelles Internet ist das Lebenselixier dieser digitalen Nomaden. Es ist auch die Voraussetzung um in einer immer vernetzteren Welt Zugang zu Wissen, persönlichen Netzwerken und kreativen Ideen zu haben. In diesen Kreativhotels müsste die Palette modernster vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologie verfügbar sein. Hochleistungsfähiges Internet, W-LAN, Cloud Dienste, Videokonferenz-Equipment, 3-Drucker, Scanner und vor allem – viele Steckdosen – sind elementar.

Weil ohne Auto die Erreichbarkeit ländlicher Regionen mit dem ÖPNV sehr mühsam ist, könnte das Kreativhotel sogar Beförderungsketten organisieren, wie das bei den workations auf Schiffen inzwischen üblich ist. Dort werden die Teilnehmer direkt am Flughafen oder am Bahnhof abgeholt und zum Schiff gebracht.

Mit ein wenig Phantasie und konsequenter Orientierung an den Bedürfnissen der digitalen Nomaden könnten workations ein Weg sein, den ländlichen Raum auch für digitale Nomaden wied

Digitalläden – das Apple-Store-Prinzip für den ländlichen Raum?

Der folgende Blogpost wurde zuerst als Gastbeitrag im Blog www.blog.wegweiser-kommune.de der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht.

Die Digitalisierung erobert in schnellem Tempo unser ganzes Leben. Bildung, Gesundheit, Pflege, Mobilität, Vernetzte Wohnungen oder mit der digitalen Verkehrsumgebung vernetzte Fahrräder. Immer mehr digitale Produkte oder Softwareanwendungen entstehen, bei denen die Werbung suggeriert, dass sie unser Leben einfacher und effizienter machen werden. Produkte wie Smartphones und digitale Uhren werden untereinander vernetzt, es werden Echtzeitdaten angeboten, die uns Auskunft über unseren Gesundheitszustand, die Qualität unseres Schlafes oder unserer gegenwärtigen Kalorienverbrauch anzeigen.

Orte zum Ausprobieren 

Doch wie beschafft sich der Bewohner einer ländlichen Region derartige Produkte? Wo probiert er sie aus? Wer gibt ihm Hilfestellung beim Einrichten und Benutzen? Meistens bleibt ihm nur der Weg in die Technikläden der großen Städte oder der Onlinehandel. Wenn versucht wird, diese Produkte im stationären Handel zu erwerben, erlebt man, dass beispielsweise in sog. Sanitärfachgeschäften einfache technische Fragen kaum beantwortet werden können, weil das Personal dafür nicht geschult ist. Bleibt also nur der Online Handel. Hier scrollt sich der potenzielle Käufer durch zahlreiche Webseiten, vergleicht Preise in verschiedenen Portalen und bestellt das Produkt schließlich im Internet. Meistens wird es dann durch die großen Lieferdienste wie DHL oder DPD ausgeliefert. Hat man Glück, ist man zuhause, wenn es geliefert wird oder die Nachbarin hat es angenommen. Dann beginnt das Unboxing. Voller Erwartung wird das neue digitale Produkt ausgepackt und in Betrieb genommen. Nach wenigen Stunden oder Tagen stellt sich heraus, dass es doch nicht so ganz den Erwartungen entspricht, die Qualität ungenügend oder das Produkt für den eigentlichen Zweck eher unbrauchbar ist. Also wird es wieder eingepackt und an den Hersteller zurückgesandt.

Trainingskurse

Gäbe es auch Alternativen? Der Technologiekonzern Apple hat seit Jahren erkannt, das die Hemmschwelle beim Kauf von Technologie so niedrig wie möglich sein muss. Deshalb hat er in großen Städten die Apple-Stores eröffnet. Die Kunden sollen Produkte ansehen und ausprobieren können. Sie sollen ein Gefühl für das Produkt entwickeln und die verschiedenen Produktvarianten vergleichen können. Und wenn Technik nicht funktioniert, gibt es in den Apple Stores die Genius-Bar. Dort werden technische Störungen beseitigt oder dem Nutzer erklärt, wie er bestimmte Einstellungen vornehmen muss, an denen er vorher immer gescheitert war. Zusätzlich bieten diese Apple Stores auch Fortbildung und Trainingskurse an, damit die Freude mit dem neuen Produkt gleich aufkommen und der Freizeitspaß erhöht oder die Produktivität verbessert werden kann.

Dörflicher Digitalladen 

Könnte dieses Prinzip nicht auch auf auf Standorte im ländlichen Raum übertragen werden? Dazu müßte ein Digitalladen eröffnet werden, in dem wesentliche digitale Produkte aus den Bereichen Gesundheit, Pflege, Mobilität, Bildung, öffentliche Sicherheit o.ä. angeboten werden. Hier würde die Kundschaft diese Geräte oder die Software ansehen, ausprobieren und testen können. Geschulte Verkäuferinnen und Verkäufer stünden zur Seite, um die digitalen Einsteigerinnen und Einsteiger zu beraten und ihnen bei der Produktauswahl zu helfen. Und wenn Geräte nicht mehr funktionieren, wird dem Fehler auf den Grund gegangen und  sie werden wenn möglichst an Ort und Stelle repariert.

Aus Neugierde Kompetenz machen 

Ein so spezialisierter Digitalladen könnte helfen, die Angst vor dem Fehlkauf bei digitalen Produkten zu nehmen. Er würde dazu führen, dass digitale Lösungen in Form von Produkten oder Software auch im ländlichen Raum häufiger genutzt werden, weil sie schneller verfügbar sind. Darüber hinaus könnten Digitalläden auch der erste Schritt zu einer professionellen Assistenzinfrastruktur sein, wenn es um die Benutzung von Internetanwendungen und digitalen Produkten geht. Es ist kein Naturgesetz, dass nur ca. 70 Prozent der Menschen in Deutschland internetaffin sind. Viele stehen noch draußen vor der Tür. Gäbe es Digitalläden, würden sie das Geschäft auch betreten – sei es aus Neugier und weil sie erkannt haben, dass das Potenzial des Internet für die Verbesserung ihrer Lebensqualität sehr hoch ist.

5 Gründe, warum Städte mit IT-Konzernen kooperieren sollten

 

Der US-amerikanische IT-Konzern Cisco gab kürzlich bekannt, dass er ein „Memorandum of  Understanding (MoU)“ mit der Stadt Berlin für die Transformation hin zu einer Smart City unterzeichnet habe. Bereits Monate zuvor gab es ein ähnliches Agreement mit der Stadt Hamburg. Der chinesische IT-Gigant Huawei verkündete auf der CeBIT 2016 eine enge Kooperation mit der Stadt Gelsenkirchen und die deutschen IT-Aushängeschilder Siemens und SAP sind in Erlangen bzw. Heidelberg in Sachen Smart City unterwegs.

Aus einigen Stadtverwaltungen und vor allem beim Deutschen Städtetag  wird allerdings Skepsis gegenüber einer zu engen Zusammenarbeit mit (IT-)Unternehmen geäußert.

Dabei gibt es fünf überzeugende Gründe dafür, dass Städte bei der Transformation hin zu einer Smart City mit IT-Unternehmen zusammenarbeiten:

  1. Schnelligkeit der Technologie und erforderlicher Know-how Transfer

Die Digitalisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft entwickelt sich in einem atemberaubenden Tempo. Sie hat seit zwei Jahren richtig Fahrt aufgenommen. Insbesondere die steigenden Anforderungen für IT-Sicherheit im Internet der Dinge erhöhen die Komplexität. Diese Entwicklung wird maßgeblich von Unternehmen geprägt, die im Bereich der vernetzten Informations- und Kommunikationstechnologie oder dem Cloud Computing tätig sind. Dazu gehören beispielsweise Cisco, IBM, Huawei, Siemens oder SAP. Den Verantwortlichen in den Stadtverwaltungen fehlt die Zeit und das nötige Know-how, um diese schnelllebige Technologieentwicklung verfolgen und beurteilen zu können. Da aber die Entwicklung von Smart City Technologieplattformen oder -produkten zum Portfolio dieser IT-Konzerne gehört, können die Städte frühzeitig von dieser neuen Entwicklung erfahren, sich mit ihnen auseinandersetzen und davon profitieren. Selbstverständlich geht es dabei nicht darum, die Stadt an den IT-Konzern zu „verhökern“ und damit die städtische Gestaltung aus der Hand zu geben. Dies kann Bürgermeistern wie Olaf Scholz oder Michael Müller sicherlich auch nicht unterstellt werden.

  1. Erhebliche Investments seitens der IT-Konzerne

Die IT-Konzerne haben erkannt, dass es nicht reicht, den Städten einfach neue Produkte zu verkaufen. Sie selbst hätten ja nichts davon, wenn die Städte nicht in der Lage wären, diese so einzusetzen, dass sie Lösungen für städtische Probleme darstellen. Erst wenn diese Produkte erfolgreich für die städtische Weiterentwicklung eingesetzt werden, dienen sie als „Lighthouse-Projekte“, die dann auch in anderen Städten verkauft werden können. Deshalb verstehen die Konzerne inzwischen ihr Investment als Beginn einer strategischen Public-Private-Partnership. Cisco beispielsweise hat angekündigt, insgesamt 500 Millionen Euro innerhalb der nächsten drei Jahre in Projekte zu investieren, die die Digitalisierung in Deutschland voranbringen sollen. Und ein Teil dieser Summe fließt in Smart City Projekte.

Selbst wenn die IT-Konzerne sich finanziell nicht an derartigen Projekten beteiligen würden, investieren sie doch häufig eigene personelle Ressourcen zum Know-How Transfer, von denen auch Städte profitieren können.

  1. Städte sind Teil eines Netzwerks

Gerade große IT-Unternehmen bringen ihre strategischen Partner oft zusammen, um gemeinsam Know-how Transfer und Erfahrungsaustausch zu betreiben. Cisco hatte beispielsweise im Public Sector jahrelang mit dem „Public Sector Summit“ eine internationale Konferenz im Rahmen der Nobel-Feierlichkeiten in Stockholm und Oslo durchgeführt. Hier trafen sich 4 Tage lang Public Sector Verantwortliche aus allen Teilen der Welt.

In diesen Veranstaltungen geht es häufig nicht um Produkte, sondern um gesellschaftliche und wirtschaftliche Trends, die die Städte bei ihrer Gestaltung beachten sollten. Oft sind diese Networking-Events auch mit hochkarätigen Referenten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft besetzt, die ansonsten nicht in das städtische Erfahrungsspektrum reichen würden.  Darüber hinaus legen die innovativsten IT-Unternehmen auch Wert darauf, dass sich die Kunden untereinander stärker vernetzten, wobei den Unternehmen dann die Orchestrierungsrolle zukommt.

  1. Projekte werden professioneller gemanagt 

Sicherlich kann den Städten oder den städtischen IT-Unternehmen nicht unterstellt werden, dass sie in Bezug auf professionelles Projektmanagement Amateure sind. Aber aus zahlreichen Studien wissen wir, dass Projekte im öffentlichen Bereich vor allem am semi-professionellen Projektmanagement scheitern. Oftmals fehlt es an dem nötigen operativen Know-how, an der organisatorischen Aufstellung oder an der erforderlichen Unterstützung durch die Stadtspitze.

Wenn Städte systematisch mit IT-Unternehmen in enger Partnerschaft zusammenarbeiten, merken sie schnell, dass die IT-Unternehmen in Bezug auf systematische Entscheidungen, professionellem Projektmanagement und Reporting anders ticken. Grund dafür ist die Abhängig von ihrer Börsennotierung. Während der Druck auf Verwaltung und Politik vor allem von Wahlterminen oder von Sitzungsperioden des Rates abhängt, sind die Public Sector Verantwortlichen in den IT-Unternehmen meistens zu wöchentlichem Reporting und Forecast verpflichtet. Ein Quartal umfasst in der Regel 12 Wochen und die Aktieninhaber sind ungehalten, wenn während des Quartals der Umsatz nicht nennenswert steigt, stagniert oder gar schrumpft.

Deswegen erhöhen IT-Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit den Städten oft die Geschwindigkeit und drängen auf Entscheidungen bei Projekten, die ansonsten eher gemächlich angegangen würden, weil noch ganz viele andere Projekte auf der Tagesordnung des Rates stehen, die selbstverständlich auch alle gleiche Priorität genießen.

  1. Smart City – Teil der Standortqualität

Wenn man die Ausstellungshallen der „Smart City Expo and World Conference“ in Barcelona betritt, denkt man, man ist auf der Internationalen Tourismus Ausstellung in Berlin. Die Städte haben erkannt, dass aktives Smart City Marketing Teil der international ausgerichteten städtischen Wirtschaftsförderung ist.

Das gute Image, dass sich Städte wie Barcelona, Kopenhagen oder Amsterdam international als innovativer Wirtschaftsstandort erarbeitet haben, hängt auch von ihrer strategischen Zusammenarbeit mit IT-Unternehmen ab. So entsteht Win-Win: Die Städte bekommen Know-how und verändern sich durch spannende Projekte und die CEOs der Konzerne loben dann den attraktiven Wirtschaftsstandort, der dann eine Sogwirkung vor allem auf innovative Unternehmen entfaltet, sich dort niederzulassen oder zu investieren.

Gerade für Start-Ups ist entscheidend, welche harten und weichen Infrastrukturkomponenten sie in den Städten vorfinden, welches Innovationsklima dort vorherrscht und welche Einstellungen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung gegenüber innovative Unternehmen an den Tag legen.

Fazit: Die politisch und administrativ Verantwortlichen in den Städten sollten ihre Terminkalender öffnen, wenn IT-Unternehmen um ein Gespräch bitten. Die Vorteile liegen für beide Seiten auf der Hand.

 

Bertelsmann-Stiftung erforscht „Smart Country“

„Smart Country – Teilhabe für alle sichern“. Unter diesem Leitmotiv hat die Bertelsmann-Stiftung ein neues Projekt gestartet. Ziel ist es, die sozialen und technologischen Bedingungen zu analysieren, die insbesondere den Räumen jenseits der Metropolen helfen, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern und das grundgesetzliche Postulat der Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen zu erfüllen.

Dabei geht das Projekt von einer dreifachen digitalen Spaltung aus: Die erste digitale Spaltung zeigt sich immer noch zwischen den Großstädten und dem ländlichen Raum. In Großstädten stehen meistens wesentlich höhere Bandbreiten zur Verfügung als im ländlichen Raum.

Die zweite digitale Spaltung betrifft diejenigen, die das schnelle Internet fürs Arbeiten, Leben, Lernen und zur Freizeitgestaltung intensiv nutzen. Das sind ca. 75 % der Bevölkerung in Deutschland. Trotzdem sind noch ca. 25 % aus eigenen Stücken oder unfreiwillig von den digitalen Chancen abgeschnitten.

Und die dritte digitale Spaltung ist sozio-ökonomischer Natur. Noch immer dominieren bei der Internetnutzung die wirtschaftlich Bessergestellten, während Randgruppen außen vor sind.

Der Projektansatz geht davon aus, dass die Verfügbarkeit von schnellem, leistungsfähigen Internet heute zur Daseinsvorsorge gerechnet werden muss und die traditionelle Versorgungs- und Entsorgungsinfrastruktur sowie die soziale Infrastruktur (Schulen, Krankenhäuser etc.) gleichberechtigt ergänzt. Durch die Veränderungen, die aufgrund von technischen Möglichkeiten wie intelligente Vernetzung und Sensorik sowie Big Data oder Cloud Computing, im 21. Jahrhundert für die herkömmliche Daseinsvorsorge erfolgen werden, kommt dieser vernetzten und intelligenten Infrastruktur im 21. Jahrhundert eher eine Leitrolle zu. Für demographisch benachteiligte Regionen stellt das hochleistungsfähige Internet sogar einen Beitrag zur „Dableibensvorsorge“ dar.

Im Projekt werden digitale Innovationen in fünf zentralen Handlungsfeldern untersucht. Diese sind:

  • Gesundheit und Pflege
  • Wirtschaft und Arbeit
  • Politik und Verwaltung
  • Mobilität und Logistik
  • Lernen und Information.

Da die Bertelsmann-Stiftung ja immer über den deutschen Tellerrand hinausblickt, darf man gespannt sein, welche nationalen und internationalen Best Practices und Handlungsempfehlungen sich aus diesem Projekt ergeben werden.

Verantwortlich für dieses Projekt sind die Macher des Wegweiser Kommune, der sich seit Jahren mit der demographischen Entwicklung in Städten und Kreisen befasst. Da lag es nur nahe, sich jetzt zusätzlich um die Chancen zu kümmern, die sich gerade bei den demographiegebeutelten Regionen aus der Digitalisierung und Vernetzung auftun.

 

Smart City aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Die 5. Folge des Smart City Talk Podcast ist online. In dieser Podcastfolge unterhalte ich mich mit Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Themen sind u.a. die Breitbandsituation in Deutschland, die Möglichkeit der Stadtwerke, in Breitband zu investieren und seine Prognose für die Smart City Entwicklung in Städten und ländlichen Regionen. Außerdem wird das Unterstützungsangebot des DStGB für die Entwicklung von smarten Städten vorgestellt.

Link zu Soundcloud: https://soundcloud.com/willi-kaczorowski/smart-city-talk-5-dr-landsberg-dstgb-final-041215-1448

Link zu Libsyn: http://smartcitytalk.libsyn.com/smart-city-talk_5_interview…

In iTunes geht es über folgenden Weg: In der Menuleiste “Ablage” “”Podcast abonnieren” und dann http://smartcitytalk.libsyn.com/rss ein geben. (gilt für Safari)

Ambitioniertes Vorhaben: Digitale Dörfer

Im neuen Smart City Talk Podcast sprach ich mit Staatssekretärin Heike Raab. Sie ist Bevollmächtigte beim Bund und in Europa, für Medien und Digitales des Landes Rheinland-Pfalz. Wir sprachen über die Konzepte der Landesregierung zur Digitalisierung von Staat und Gesellschaft, die Notwendigkeit für das schnelle Internet und über die Frage, wie wir die Offliner in die Online Welt integrieren können.

Einen großen Anteil nahm auch die Strategie zu Digitalen Dörfern in Rheinland-Pfalz ein.

Das ganze Interview gibt es hier:

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Smart City Talk 3: Eindrücke von der SCEWC 2015 Barcelona

Im November 2015 war ich in Barcelona auf der Smart City Expo World Conference. Es ist die weltweit größte Smart City Veranstaltung.

Im dritten Podcast werden einige Trends vorgestellt, die die SCEWC 2015 prägten. Außerdem wird der Frage nachgegangen, ob es nicht an der Zeit ist, Smart City etwas zu erden.

Link: http://smartcitytalk.libsyn.com/smart-city-talk-_sct3-eindrcke-von-der-scewc-2015

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Smart City Talk 2: Lähmschicht Verwaltungsführung?

Die zweite Folge des Podcast „Smart City Talk“ ist online.

Ist die Notwendigkeit von Digitalisierung und Vernetzung bei Politik und Verwaltungsführung angekommen? Der Beitrag reflektiert einige Beobachtungen, die ich während der PDV-Konferenz in Erfurt und der Regionalkonferenz „Digitale Agenda für Kommunen“ in Köln anstellen konnte. Darüber hinaus werden Vorschläge präsentiert, wie die Sensibilisierung für Digitalisierungsfragen im Vorfeld von Smart City Strategien unterstützt werden könnte.

Link: http://smartcitytalk.libsyn.com/smartcitytalk-2-lhmschicht-verwaltungsfhrung

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Wie „smart“ sind Smart City Homepages?

Smarte Städte sind auch Bündelungs- und Integrationsprojekte. Sie entwickeln eine Vision für die Stadt der Zukunft, erarbeiten Strategien um diese umzusetzen und entwickeln dazu Programme oder Projekte. Unter dem Governance Gesichtspunkt heben sie die traditionellen Verwaltungssilos auf. Zur guten Governance eines Projektes gehört es, dass die Grundsätze von Transparenz und Offenheit selbst angewandt werden und die Smart City Strategie leicht aufzufinden und verstehbar ist.

Grundlage dafür ist (immer noch) eine informative, aktuelle und Interaktive Website, die jederzeit Auskunft über Vision, Strategie und Projekte sowie den Stand ihrer Realisierung gibt. Außerdem sollte die Website auch Gelegenheit zur Interaktion zwischen Stadtgesellschaft, Wirtschaft sowie Politik und Verwaltung geben.

Wie steht es also um die Smart City Homepages in Deutschland und bei den europäischen Smart City Champions?

Dies ist kein wissenschaftliches Ranking. Es geht auch nicht darum, Städte an den Pranger zu stellen. Aber sicherlich zeugt es davon, dass die Smart City Vision ernst genommen und gelebt wird, wenn die Smart City Homepage regelmäßig gepflegt wird. Schließlich soll sie das „Aushängeschild“ sein.

Und hier beginnt in Deutschland das Dilemma. Von den durch einfache Google Suche gefundenen großen ambitionierten Smart City Städten hat eigentlich nur Köln eine Smart City Website, die man als „smart“ bezeichnen kann. Da werden nicht nur die Projekte und ihre Partner eingehend vorgestellt sondern auch auf Diskussionsveranstaltungen hingewiesen, zu denen der Oberbürgermeister die Stadtgesellschaft einlädt. Ingesamt entsteht so der Eindruck, dass die Smart City Cologne dynamisch weiterentwickelt wird.

In Berlin wurde die Smart City Entwicklung praktischerweise an Berlin Partner, eine Einrichtung der Berliner Wirtschaftsförderung und der Berliner Wirtschaft delegiert. Damit wurden aber auch zahlreiche Probleme in der Realisierungsfähigkeit zwischen den Senatsverwaltungen/Bezirken und den Berliner Unternehmen hervorgerufen. Ein Blick auf die Website Berlins gibt einen Eindruck, warum es in Berlin bei Smart City nicht so recht vorangeht. Präsentiert wird hauptsächlich die Smart City Konzeption als Projekt der Berliner Wirtschaft und ihres Ecosystems wie Universitäten und Forschungsinstitute. Das die smarte Stadt aber hauptsächlich ein Visionsprojekt für die Stadtentwicklung von morgen ist, wird keineswegs deutlich.

Hamburg hat mit Bürgermeister Olaf Scholz eine hervorragende Vision entwickelt, die strategisch vor allem im Hamburger Hafengebiet umgesetzt wird. Leider zeichnet sich auch die Hamburger Website dadurch aus, dass sie nicht aktuell ist sondern auf dem Stand Sommer 2014 stehen blieb. Dabei war es doch der Hamburger Senat, der mit der digitalen Stadt in der letzten Sitzung der Hamburger Bürgerschaft eine Vision für die Stadt der Zukunft vorlegte. Auf der der Smart City Website ist davon nichts zu lesen.

München, das sich vor kurzem um Smart City EU-Fördergelder beworben hat, hat auf seiner Smart City Website nur eine längere Abhandlung über eine internationaler Studie, an der die Stadt beteiligt ist. Was die Stadt mit wem und wo vor hat, bleibt einstweilen für die interessierte Öffentlichkeit ein Geheimnis.

Bei den europäischen Champions sieht das Bild besser aus. Wien, Amsterdam und Barcelona sind die Städte, deren Smart City Websites eher portalähnlichen Charakter haben.

In Wien wird besonders die stadtentwicklungs- und klimapolitische Bedeutung einer smarten Stadt hervorgehoben. Sämtliche Projekte werden ausführlich vorgestellt und ihre Lage kartographisch erfasst. Die Stadt arbeitet mit allen multimedialen Werkzeugen. Ausführlich wird von Veranstaltungen mit der Stadtgesellschaft berichtet und so bekommt man Lust, sich aktiv zu beteiligen.

Die partizipatorische Komponente zeichnet auch Amsterdam aus. Mit großer Selbstverständlichkeit werden neben der Vorstellung der Vision, der Strategie und den Projekten auch Hinweise gegeben, wie sich die Amsterdamer Stadtgesellschaft beteiligen kann. Dabei wird Wert darauf gelegt, was der Einzelne tun kann, um zum Ziel einer Smart City beizutragen. Im Unterschied zu Städten wie Wien oder London zeigt Amsterdam die volle Breite der Handlungsfelder einer Smart City auf.

Die Smart City Homepage von Barcelona stellt vor allem die Technologie in den Vordergrund, die helfen soll, die Lebens- und Aufenthaltsqualität in allen Handlungsberochen in der Stadt und in der Region zu erhöhen. Dabei wird auch nicht die besondere Stellung Barcelonas im weltweiten Smart City Kontext vergessen, die eindrucksvoll mit Zahlen unterlegt wird.    – http://smartcity.bcn.cat/en

Einen Besuch wert, weil wesentlich transparenter, informativer und aktueller als die Homepages von Berlin oder Hamburg, sind auch die Smart City Homepages von London, Kopenhagen, Stockholm oder Helsinki.